Fallbeispiel: Die Bankerin und ihr wahrer Traumberuf

Der Erstkontakt mit der Klientin

Seit Beginn meines startups Senior Speed Coaching habe ich keinen Franken für Kundenakquisition ausgegeben. Die ersten Aufträge ergaben sich aus Mund-zu-Mund-Propaganda in meinem grossen Netzwerk und – besonders interessant – aus neuen Kontakten, wie das heutige Fallbeispiel. Entscheidend dabei: das Interesse, die Neugier für den Menschen, für sein Leben, seinen Lebensplan. Plus der glückliche Umstand, dass ich ausbildungs-, berufs- und erfahrungsbedingt zu sehr vielen Lebensumständen etwas Konstruktives beizutragen habe.
Also: Bei einem ganztägigen pro bono Einsatz (= wohltätiges Engagement) für die Stiftung «Schweizer Tafel: Essen verteilen – Armut lindern, lernte ich die Private Bankerin Katja T. (Name anonymisiert) kennen, auch sie freiwillige Helferin, extra freigestellt von der Bank für diesen Anlass. Wir waren uns ‘auf Anhieb’ sympathisch; in einer Pause interessierte ich mich – ohne jeglichen Hintergedanken an ein ‘Auftrags-Catching’ – für ihre Berufs- und Lebenssituation. Da ahnten wir beide noch nicht, dass dieser Kontakt für sie der Weg zu ihrem Traumberuf werden würde.

Die Fragestellung für das Coaching

In dieser 30-minütigen Pause spielt sich das folgende Gespräch ab: Sie ist erfolgreiche Private Bankerin bei einer renommierten, international tätigen Privatbank, hat BWL studiert, ist glücklich verheiratet, der Ehemann selbständiger Unternehmer; sie haben drei Kinder im Primarschulalter, sind finanziell gut gestellt. Umgekehrt erfährt sie von mir, dass ich früher Lehrperson am KV Zürich und Dozent an der Uni war. Offenbar spürt sie meine Begeisterung und meine Zufriedenheit für diese Berufstätigkeit. Und da kommt es – zögerlich und selbstzweifelnd, aus ihr heraus: Ja, Lehrerin, das war lange ein Berufsideal von ihr; aber die Karriere entwickelte sich anders und sehr erfolgreich, so dass dieser Wunsch in den Hintergrund geriet, ja ganz vergessen schien. Aber seitdem sie viel mit Lehrlingen zu tun hat in der Bank, ist diese Berufsphantasie wieder aufgetaucht, immer wieder, obwohl es ja praktisch völlig unrealistisch scheint, das umzusetzen. Und weil diese Idee so abwegig ist, hat sie es bis jetzt für sich behalten, und hat versucht, sich das aus dem Kopf zu schlagen. An dieser Stelle spüre ich, dass sie von mir erwartet, vielleicht erhofft, dass ich ihr diese Idee wohlbegründet ausrede. Dann hätte sie wiede «Ruhe im Stall». An Stelle dessen schlage ich ihr vor, wir könnten diese Unterhaltung am Ende des Einsatzes zu Ende führen. Und dort komme ich dann mit folgendem Vorschlag: Tatsächlich scheinen die Bedingungen ungünstig; aber um sich von dieser Phantasie definitiv verabschieden zu können – bis jetzt gelang das ja nicht trotz aller rationalen Argumente – müsste man ganz praktisch die Optionen ansehen und abklären, die von ihrer aktuellen Situation aus bis zum Lehrerberuf führen könnten. Erst dann wird sie entweder den Weg beschreiten oder ihn definitiv ‘abschreiben’ können. Für diese Abklärung stelle ich ihr zwei Wege in Aussicht: a) Ich gebe ihr alle nötigen Links, aus denen sie sieht, welche Ausbildung und welche Zeit es bräuchte von der Bankerin zur Lehrerin. Dabei darf sie gerne für Rückfragen auf mich zurückgreifen. Aber letztlich wird sie dann selber klar wissen, ob so ein Weg drin liegt oder nicht. b) Oder sie könnte sich dabei professionell von mir begleiten lassen (>> das wäre dann ein Life Coaching), das gäbe dann mit Sicherheit ein eindeutiges Ergebnis, ob der Berufswechsel möglich wäre oder nicht. Und auch dann liegt die letzte Entscheidung immer noch bei ihr selbst. Und weiter sichere ich ihr zu, dass wir maximal drei Sitzungen (>> Speed Coaching!) brauche würden bis zu einem klaren Ergebnis.
Katja entscheidet sich sehr rasch für die professionelle Begleitung. Damit ist der Coaching-Auftrag besiegelt. Wir vereinbaren , dass ich mich per mail melde und ihr einen Vorschlag mache für den Ablauf des Coachings.
Kommentar: Dies war ein sehr spezieller Coaching-Start. Aber es gilt allgemein: Jeder Coaching-Beginn ist individuell und einmalig. Das ist alleine schon bedingt durch die sehr unterschiedliche Ausgangslage und Fragestellung des Klienten. Und dieser Start, der Erstkontakt: ob sich die potenzielle Klientin/der potenzielle Klient richtig verstanden fühlt in ihrem/seinem Anliegen, das ist massgebend, ob ein Coaching-Auftrag entsteht oder nicht.

Der Coaching-Prozess

Ab jetzt berichte ich die einzelnen Abläufe des Coachings inhaltlich präzise, aber sprachlich gekürzt. Als Leserin/Leser kannst du dir nach der Einleitung bestimmt vorstellen, in welcher Art die Gespräche zwischen Katja und mir verliefen.

a) Hausaufgaben vor der ersten Sitzung

In meiner mail, wenige Tage nach unserem Gespräch, zeige ich Katja auf, dass von ihrem Ausbildungsstand her (BWL-Studium) die Ausbildung zur Lehrperson WuG (Wirtschaft und Gesellschaft) an Kaufmännischen Berufsschulen und/oder zur Lehrperson WuR (Wirtschaft und Recht) an Gymnasien am nächsten liegen würde. Da geht es um den Unterricht in der Sekundarstufe II, bei 16-.20-jährigen Jugendlichen. Diesen kürzest-möglichen Weg sollten wir zuerst abklären und erst in einem späteren Schritt – falls das für sie ganz wichtig wäre – den Wechsel in Richtung Primar- oder Sekundar-Lehrerin ansehen. Dort wäre es fachlich und zeitlich viel aufwändiger. – Im gleichen mail sende ich ihr die ausgewählten Links zu den PHZH- bzw. zu den Uni-Lehrgängen für diese Zusatzausbildung bei vorhandenem Fachabschluss. Katjas ‘Hausaufgaben’ vor dem ersten Coaching-Termin waren folgende:

  • Die Ausbildungsgänge studieren und abwägen, ob das für sie zeitlich, finanziell und familien-organisatorisch machbar wäre.
  • Den Ehemann erstmals in ihre ‘geheimen’ Berufswünsche einweihen und herausfinden, wie er dazu steht bezüglich möglichen Supports bei der Familienorganisation.
  • Falls positiv, mit ihm abwägen, ob eine finanzielle Durststrecke tragbar wäre.

Ich betone ausdrücklich, dies alles sind nur Vorabklärungen, sie soll bei ihrem Arbeitgeber und in ihrem Bekanntenkreis noch Stille bewahren. Das Ergebnis dieser Recherchen soll Katja mir per mail mitteilen; das wird dann die Grundlage sein für unser erstes Gespräch.

b) Das Erstgespräch

Genau auf dieser Basis fand unser erster Termin statt. Ort und Zeit werden bei mir immer bilateral vereinbart. Als «Praxis-Nomade» habe ich – mit Absicht – keinen fixen Besprechungsraum. Wir einigten uns auf den Starbucks am Stauffacher, 1. Stock, ein prima working space, solange es nicht um intime Gesprächsinhalte geht.
Im Gespräch wurde klar: Die Ausbildung an der PHZH würde ihr sehr zusagen und damit das Berufsfeld der KV-Lehrperson für WuG. Die Ausbildung ist innert zweier Jahre berufsbegleitend (bei Pensum-Reduktion in der Bank) gut machbar. Der Mann würde sie so weit wie möglich familienorganisatorisch unterstützen, und die Finanzen sind regelbar.
Das hiess: Der Weg ist möglich, aber es war noch nicht klar: Soll/will sie ihn wirklich gehen, würde sie eine Stelle finden auf dem Markt und würde ihr die reale Berufspraxis wirklich gefallen und Befriedigung bringen?
An dieser Stelle, immer noch in unserem Erstgespräch, kommt mein gut vorbereiteter Input: «Auch wenn der Berufswechsel möglich ist, jetzt ja keine voreiligen Entschlüsse fassen!» Bevor sie diesen grossen Schritt einleitet, soll sie zuerst erproben, ob ihr die Berufstätigkeit als Lehrperson WuG mit Jugendlichen wirklich zusagt. >> Ich werde in meinem Netzwerk Ausschau halten, dass sie in einer Privatschule ein paar Lektionen erteilen kann in Wirtschaftsfächern, an einem Abend oder am Samstag. Das könnte sie problemlos eine Zeit lang neben ihrem Job machen und erste Erlebnisse und Erfahrungen sammeln. Unter Zeitdruck stand Katja nicht; unser Zeithorizont war, innert eines Jahres die Entscheidung zu finden, ob ja oder nein im neuen Berufswunsch.

c) Lehrerin auf Probe

Tatsächlich konnte ich Katja zwei Kontakte zu Schulleitern von privaten Wirtschaftsschulen vermitteln, und an einer der Schulen erhielt sie einen Semesterauftrag für Gruppen-Repetitionskurse in WuG. Nach ca. zwei Monaten mailte sie mir zu: «ein super Erfolg, ich «liebe» diese Tätigkeit, und ja, ich möchte die Ausbildung an der PHZH anpacken!»
Als Vorbereitung für unser zweites Meeting erhielt Katja wiederum ein paar ‘Hausaufgaben’ von mir:

  • Anhand des Ausbildungsplanes der PHZH soll sie mit der Familie besprechen, wann am ehesten sie die Ausbildung beginnen will und wie in dieser Zeit die Familie und die Finanzen konkret zu organisieren sind.
  • Den Arbeitgeber offen und ehrlich in ihr Ausbildungsvorhaben einbeziehen und dort von sich aus um eine zweijährige Pensenreduktion auf ca. 60% ersuchen. Und am besten von sich aus Vorschläge bringen, wie das zu bewerkstelligen sei (Abgabe von Kunden, Arbeitstage, Arbeitszeiten, Bereitschaft zu home-office usw.) Denn es ist immer besser, eigene konstruktive Vorschläge einzubringen als ungute Vorschläge des Arbeitgebers ablehnen zu müssen.
  • Sie möge mit dem Studienleiter der PHZH ein Gespräch vereinbaren, mit ihm ihre Studienpläne absprechen und den Zeitplan erfragen sowie die mögliche Koordination zwischen Studium, Banking und Familie abklären.

d) Zweites Gespräch

(Zeitpunkt: vier Monate nach dem Erstgespräch, ein halbes Jahr nach dem Kennenlernen)
Alle Voraussetzungen für Job-Reduktion und Studienbeginn waren geschaffen. In dieser Sitzung besprachen wir das zu erwartende Szenario möglichst konkret. Der Kern war folgender: Die (zweijährige) Ausbildung starten und das erste Jahr als «Probezeit» deklarieren: Stimmt es wirklich für mich, oder will ich doch lieber zurück in den «sicheren Hafen» der Bankkarriere? Wenn alles ok läuft, dann im zweiten Jahr der Ausbildung nach einer Teilzeitstelle Ausschau halten. Dabei möglichst den Bankjob beibehalten, denn die Marktaussichten waren zu diesem Zeitpunkt für abgehende WuG-Lehrpersonen nicht rosig. Darüber hatte ich Katja vorgewarnt, aber sie hielt am Entschluss fest. Tatsächlich kann sich die Berufssituation innert zweier Jahre ändern, und dann würde sie bereit sein für den grossen Wechsel.

Coaching-Abschluss – und ein schöner Zufall

Nach dem zweiten Gespräch gab es vorläufig keinen Kommunikationsbedarf. Ich wusste, Katja würde ihren Weg gehen und mich kontaktieren, falls wirklich Bedarf wäre.
Der Zufall wollte es, dass ich im Frühlingssemester 2019 von der PHZH als Gastdozent für die Lehrveranstaltung «Fachdidaktik II – Umsetzung des Schullehrplanes» eingeladen wurde, zur Überbrückung einer Vakanz bis zur Wahl einer neuen Dozentin. Und wen traf ich da bei meinem ersten Gastauftritt unter den Studierenden an? Katja und ich, wir freuten uns beide über das Wiedersehen, und ich erlebte sie als total engagierte Studentin, mehr als viele andere, welche diese Ausbildung als ‘Plan B’ absolvieren, falls sie keine Stelle in der Wirtschaft finden würden. Zu Ende des Semesters trafen wir uns informell zu einem Drink und schlossen dabei ‘offiziell’ den Coachingprozess ab, welcher im Endeffekt aus genau zwei Sitzungen bestanden hat, eben: Speed Coaching!
Katja darf mich bei Bewerbungen als Referenz angeben. Ich könnte sie jedem Rektor wärmstens als Lehrperson ans Herz legen!

Epilog (= abschliessendes Nachwort)

Der zweite grosse Zufall: Am Tag der Fertigstellung dieses Fallberichtes erhielt ich eine mail von Katja T.: Sie steht jetzt kurz vor dem Abschluss an der PHZH, welcher Corona-bedingt unter ganz speziellen, für sie aber problemlosen, Umständen stattfindet. Und sie hat bereits ein – längerfristig ausbaubares – Stundenpensum an einer privaten Handelsschule!
Dies ist happy-end, wie es nicht in jedem Fall so erwartet werden kann. Es bedeutet eine grosse Befriedigung für mein Engagement als Senior Speed Coach!

 Haben Sie selber auch Ideen/Gedanken zu einer Veränderung in Ihrem Berufsleben? Dann holen Sie sich bei mir eine kostenlose Analyse von deren Realisierbarkeit. Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme.

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